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Yoga gegen Stress

Wie kann Yoga bei Stress und Burnout helfen?

Immer wieder klagen gestresste Klienten von mir über eine eingeschränkte Sinneswahrnehmung. Dumpfheit, Tunnelblick oder sagen Sätze wie „ich fühle mich unter einer Glaskuppel“. Die westliche Wissenschaft bestätigt diese Symptome bei chronischem Stress.

Stress betrifft auch unser Denken und beeinflusst unsere Gefühle

Neben gängigen körperlichen Stresssymptomen wie Herz-/Kreislaufproblem, Verstopfung, Schlafstörungen treten auch immer häufiger Stress-Symptome auf, die das Denkvermögen und unsere Gefühle betreffen. Unsicherheit, Überempfindlichkeit, Unwohlsein, Innere Anspannung und Überbelastung. Angst, Nervosität, Gereiztheit, Aggressivität, Konzentrationsschwäche aber eben auch eingeengte Wahrnehmung, rigides Denken (Scheuklappeneffekt), Denkblockaden, Gedächtnisstörungen, Gedankenkreisen, Leistungsabfall uswusf. Sind kennzeichnend für chronischen Stress. Und oft der Beginn eines schwerwiegenden Erschöpfung oder gar Depression, oft unter Burnout-Syndrom zusammengefasst.

 

Erschöpfung, Wut und Aggression durch Stress
Chronischer Stress macht krank

Yoga beschreibt Stresssymptome und Burnout schon vor 2.000 Jahren

Der Yoga kennt dieses Stress-Symptome nur zu gut und schreibt schon vor mehr als 2.000 Jahren in seiner philosophischen Grundlage: „Ein Gefühl von innerer Enge, ein Gefühl von tiefer Niedergeschlagenheit, eine Störung des harmonischen Gleichgewichtes körperlicher Funktionen oder die Unmöglichkeit, den Atem ruhig zu führen, gehen einher mit einem Geist, der in Probleme verwickelt ist.“ (Yogasutra 1.31 von Patanjali in der Interpretation von T.K.V. Deskachar).

Das Kosha-Modell um gegen Stress bestehen zu können

Ein wichtige Grundlage um den Yogaweg beschreiten und zu einem freien, glücklichen Leben ohne Stress gelangen zu können, stellt das Kosha-Modell dar. Dieses wurde erstmals in der Taittiriya Upanishad erwähnt und hilft, unser Wachstum als schrittweise Entwicklung eines zunehmend feineren und doch ganzheitlichen Gewahrseins und Seins darzustellen. Die Koshas sind kein anatomisches Modell, vielmehr handelt es sich um eine subtile, feinstoffliche Beschreibung. Sie beginnen bei unserem physischen Körper und reichen in fünf „Hüllen“ bis in den Kern unseres Wesens. Manche nennen diesen Kern verkörperte Seele, inneres Gewahrsam, innere Führung, göttlicher Funke. Ganz gleich, welche Worte Sie wählen (und welchem Glauben und welcher Kultur Sie entspringen), letztendlich geht es um das zu erkennen, was grösser ist als wir und das doch in Teilen in uns steckt.

Yoga hilft gegen Stress und bei Burnout
Yoga bei Stress: Das Kosha-Modell

Yoga: Zusammenhang zwischen Körper, Geist und Seele

Im Yoga geht es nicht nur um einen gesunden Rücken, sondern um die Erkenntnis dass wir freie Seelen sind und für dieses Leben in einem Körper stecken. Mittlerweile erkennt die Schulmedizin auch an, dass Rückenschmerzen psychische Ursachen haben und dass auch unser Geist leidet, wenn es im Rücken „zwickt“. Die Zusammenhänge zwischen Seele, Geist und Körper sind jedoch noch nicht umfänglich in der westlichen Wissenschaft erforscht worden, schnell heisst es, es handelt sich um psychosomatische Ursachen. Das Kosha Modell erläutert die Zusammenhänge und bietet mit dem Yoga Lösungen um gegen komplexe Systeme wie Stress-Erkrankungen vorgehen zu können.

In der dritten Schicht „stecken“ unsere Gedanken und Gefühle

Wenn wir in die dritte Schicht der Koshas vordringen (nach dem feststofflichen Körper und der Energiehülle), gelangen wir zu Manomaya Kosha, von manas oder „Geist“, und den fünf Sinneskräften, die uns die Macht verleihen, zu denken und zu urteilen. Manomaya Kosha ist Gehirn und Nervensystem zugeordnet und unterscheidet den Menschen von anderen lebenden Organismen. Diese Hülle besitzt die Fähigkeit zur Unterscheidung, was sie zum Ursprung von Abgrenzungen wie „ich“ und „mein“ macht. Viele Menschen haben diese Unterscheidungsfähigkeit nie erlernt und identifizieren sich mit den äusserlichen, wahrnehmbaren Dingen: „Ich bin krank“ oder „ich stehe im Parkhaus“ anstelle von „mein Körper ist krank“, „mein Auto steht im Parkhaus.“ Die Folge: Verwirrung, Anhaftung, es entsteht Leid.

Chronischer Stress stört das Manomaya Kosha

Bei Menschen die chronischem Stress ausgesetzt sind, findet nun eine Störung auf dieser Ebene statt. Diese Schicht ist wie oben dargestellt, das Instrument, das Informationen über die Sinneseindrücke sammelt, und ebenso der Sitz aller Wünsche, Bedürfnisse, Gefühle, Ängste und Erinnerungen. Hier funken sozusagen ständig unbewusste Botschaften zwischen den Körperschichten hin und her. Ein zu viel an Stress (oder Schulmedizinisch: ein ständig erregter Sympathikus mit konstanter Hormon-Ausschüttung und zu wenig Entspannung mittels parasympatischer Aktivität) vernebelt nun diese feinstoffliche Hülle. Der Betroffene kann nicht mehr klar denken, die Sinneseindrücke werden nicht mehr richtig verarbeitet, Wünsche werden nicht mehr klar als solche erkannt, sondern sie leiten und beeinflussen uns. Es entstehen Emotionen wie Ärger, Wut, Verzweiflung, Angst.

Der Sitz der Gedanken, Sinne, Gefühle
Chronischer Stress stört das Manomaya Kosha

Stress wirkt sich negativ auf den Atem und unseren physischen Körper aus

Durch Stress leiden wir also nicht nur auf dieser Ebene unter den beschriebenen Emotionen und einengenden Gedanken. Vielmehr strahlt nun diese Störung auch auf unsere Energiehülle, Pranamaya Kosha. Prana bedeutet Energie. Diese ist in unserer Atemluft enthalten (deswegen heissen im Yoga Übungen zur Atemführung Pranayama). Sind wir im Stress, atmen wir flacher oder schneller, ein natürlicher, gleichmässiger Atemfluss ist gestört (siehe Einleitung: Yogasutra 1.31). Somit ist nicht nur die Versorgung unseres geistigen Körpers mit Energie, sondern auch die unseres physischen gestört (Annamaya Kosha). Also die greifbare Schicht, die sich aus den fünf Elementen Erde, Feuer, Wasser, Luft und Raum zusammensetzt und den physischen Körper bildet. Die Folge: körperliche Stresssymptome.

Mit Yoga und Ayurveda gegen Stress und für Harmonie und Bewusstheit

Yoga kann nun gezielt gegen Stress eingesetzt werden. Die „vernebelte“ Sinnes-, Gedanken- und Emotionshülle kann direkt über Pranamaya Kosha, unseren Energiekörper, angesteuert werden. Grobstofflich betrachtet beinhaltet diese Schicht den Blutkreislauf, das Atemsystem und den Stoffwechselkreislauf; auf feinstofflicher Ebene sind damit alle Energiekanäle gemeint, die Prana im Körper transportieren. Pranamaya Kosha stellt somit die Brücke zwischen Körper und Geist dar. Übungen des Hatha Yoga setzen auf dieser Ebene an, um den Geist und die emotionale Verfassung des Übenden zu beeinflussen: Dies gelingt besonders gut mit gezielten Atemübungen und Mantra-Singen (bei dem ebenfalls intensiv geatmet wird).

Atemübungen zur Energielenkung und Stressabbau

Mark Stevens sagt hierzu: „Indem wir Pranayama praktizieren, mehren und lenken wir diese Energie, um das Zusammenspiel der Koshas fließender und harmonischer zu machen und Körper, Geist und Seele zu integrieren. Wenn wir bei der Beschäftigung mit den Asanas auch mit dem Atem im physischen Körper arbeiten – mit den Asanas spielen, sie halten, verfeinern und wieder lösen –, dehnt sich unser Gewahrsein über den physischen Körper hinaus aus. Mit Prana als unserer Quelle und unserem Führer entdecken wir allmählich seine feinstofflicheren Ausdrucksformen, die sogenannten prana vayus, von denen jedes eine einzigartige Bewegung und Wirkung besitzt.“ (Stephens, Mark: Yoga-Workouts gestalten, Riva Verlag, München 2014)

Stress macht krank. Meditation kann helfen
Meditation und Atemübungen helfen bei Stress

Angepasste Ernährung bei Stress ist elementar

Doch auch unser physicher Körper leidet, wenn unser Geist zu sehr Stress ausgesetzt wird. Annamaya Kosha, die Hülle des physischen Selbst ist danach benannt, dass sie durch Nahrung aufgebaut wird (anna bedeutet „Nahrung“; maya bedeutet „angefüllt mit“). Der Ayurveda, sozusagen die Schwesterdisziplin des Yoga, zeigt Lösungen zur Heilung des (physischen) Körpers. Er arbeitet mit den Elementen und kann Störungen (bei Stress insbesondere Luft und Raum, das Vata-Dosha) gezielt beheben: Durch eine der Konstitution und Situation angepasste Empfehlung der Ernährung und Lebensführung.

Yoga zur Symptombekämpfung oder als höheres Ziel

Die traditionellen Ansätze zur Gestaltung der Yogapraxis (die weit mehr als reine Körperübungen sind) widmen sich dem umfassenderen Pfad zum spirituellen Erwachen und der Transformation, welcher letztlich dazu führen soll, dass man die Zyklen von Geburt, Leben, Tod und Wiedergeburt überwindet. Viele Schüler kommen aus diesem Grund zum Yoga. Der Anteil derjenigen, die weniger tiefgründige oder hochtrabende Ziele verfolgen, ist jedoch weit höher: Diese Menschen möchten Stress abbauen, mehr Gleichgewicht in ihr Leben bringen, ihre Kraft und Beweglichkeit verbessern, eine bessere Lebenseinstellung und ein Gefühl größeren allgemeinen Wohlbefindens entwickeln.

Ich freue mich über jeden Schüler, ganz gleich aus welcher Motivation und mit welchen Zielen er Yoga praktiziert. Ist der Funke einmal übergesprungen, wird er seinen Weg gehen. Und ein Leben mit deutlich weniger Stress dafür mit Erfüllung, Wohlbefinden und Freude leben.

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